Romantische Illusionen
Wenn ich mir früher ausgemalt habe, einen Fantasyroman zu schreiben, war da immer diese harmonische Szene eines sonnigen Abends in einem Café, ein eher altertümlich aussehendes Notizbuch und irgendein ausgefallenes Schreibgerät wie eine Füllfeder mit schwarzer oder dunkelbrauner Tinte. Traurigerweise habe ich herausgefunden, dass das nicht wirklich ich bin. Ich bin ein großer Fan meines Computers, wenn es ums Schreiben geht – effizienter, weniger schmutzig. Ich entspreche also meinen romantischen Vorstellungen einer Schriftstellerin überhaupt nicht. Und wenn man bedenkt, wie viele Stunden ich bisher mit dem Schreiben verbracht habe, hätte es mich ohnehin innerhalb kürzerster Zeit in den Ruin getrieben, wenn ich meinen Kaffee in einem Kaffeehaus getrunken hätte.
Heldenhafte Kritik
Ich lese meinem Mann jedes einzelne Kapitel vor und diskutiere dann mit ihm darüber. Er ist mutig genug, mir ehrliches Feedback zu geben, was eine ziemliche Heldentat ist, weil ich manchmal etwas launisch darauf reagiere. Es ist immerhin nicht ungefährlich, eine Künstlerin zu kritisieren – besonders, wenn man mit ihr verheiratet ist. Lustigerweise haben wir nicht nur sehr unterschiedliche Vorlieben für die Charaktere, sondern auch verschiedene Hintergründe, wenn wir die gleichen Charaktere gut finden. Jedes Mal, wenn Enric, die männliche Hauptfigur, sich wieder wie ein kompletter Mistkerl verhält und ich bedaure, dass er nur ein fiktiver Charakter ist weil ich ihm keinen ordentlichen Tritt verpassen kann, findet mein Mann sein Verhalten vollkommen nachvollziehbar und fragt sich, was genau mein Problem ist. Jungs halten wirklich zusammen, wie fehlgeleitet auch immer diese Solidarität sein mag.